Berufswunsch: Schreinerin
13-jährige Prackenbacherin verbringt ihre Freizeit in der Werkstatt mit Drechseln, Sägen und Hobeln
Prackenbach/Hinterhagengrub. Der einzige Wunsch zum zehnten Geburtstag: eine elektrische Kettensäge – und damit dem Opa nacheifern. Anna Bemmerl aus Hinterhagengrub bei Prackenbach hat nicht die typischen Interessen für ein Mädchen in ihrem Alter und stellt sich dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel im Handwerk entgegen. Einen Großteil ihrer freien Zeit findet man die mittlerweile 13-Jährige in der Werkstatt, unten im elterlichen Haus. Dort experimentiert sie mit verschiedenen Maschinen und erschafft kleine Kunstwerke.
Mit Drechselbank, Schleifmaschine und Kettensäge
Nach den Hausaufgaben geht’s direkt in die Werkstatt. Für Anna war schon immer klar, dass sie ins Handwerk einsteigen will. Das große, schlanke Mädchen mit dem frechen Lockenkopf beugt sich zu einer Kiste mit Brettabschnitten und wühlt herum. Triumphierend zieht sie ein passendes Stück heraus, zeichnet einen Umriss vor, legt es auf die Bandsäge und schneidet los. „Irgendwas Schönes kommt immer raus dabei“, sagt sie mit einem Grinsen, die kastanienbraunen Augen konzentriert auf ihre Arbeit gerichtet. Neben der Bandsäge sind auch Schleifmaschine, Drechselbank, Kettensäge und Akkuschrauber ständig im Einsatz. Abgeschaut hat Anna sich vieles von ihrem Großvater. Mit ihm war und ist sie immer noch oft in der Werkstatt und bezeichnet ihn wertschätzend als eine Art Vorbild und Unterstützer. „Die erste Drechselbank hat er mir selber gebaut“, erklärt sie stolz und zeigt das kleinere, grüne Modell. „Nur den Motor hatten wir zu Hause, alles andere hat er selbst gemacht.“ Seit zwei Jahren steht die Maschine in ihrer Werkstatt, nun hat sie zusätzlich eine weitere, größere, mit der sie auch längere Holzstücke bearbeiten kann. Anna holt ein Stück eines dünnen Baumstammes, spannt es ein und kippt den Schalter. Lautes Surren ertönt, das Holz dreht sich, Anna setzt das Drechseleisen an – Späne fliegen. Nach wenigen Minuten ist aus dem groben Stamm mit Rinde ein filigranes, rundliches Objekt geworden, das auf die Weiterverarbeitung wartet.
Die Liebe zum Holz hat sich früh herauskristallisiert. Heute ist für Anna klar: „Ich will Schreinerin werden.“ Daher verbringt sie jede freie Minute in ihrer Werkstatt. Die 13-Jährige besucht die siebte Klasse der Viechtacher Realschule, lernen zählt zwar nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, doch die Ergebnisse stimmen trotzdem. Lieblingsfach: Mathematik.
Aus ihrem Freundeskreis sticht Anna mit ihrem Berufswunsch zumindest etwas heraus. Mit Köchin und Konditorin neigen sich auch ihre Freundinnen dem Handwerk zu, andere streben Bürotätigkeiten an. Die Leidenschaft zum Schreinerhandwerk finden die anderen Mädels dennoch toll. Neben dem „Werkeln“ hat Anna auch andere Interessen: Sie schießt mit dem Luftgewehr bei den Edelweißschützen Moosbach, spielt im Winter Eishockey und backt auch sehr gerne. Das alles stellt sie aber hinter ihren Traumberuf.
„Besser mit dem Schraubenzieher als mit dem Stift“
Kreativ sei Anna schon immer gewesen, erzählt ihre Mutter Kerstin Bemmerl: Viel basteln, aber nicht mit Schere, Papier und Kleber, sondern mit Holz und verschiedenem Werkzeug. „Mit dem Schraubenzieher hat sie schon immer besser umgehen können, als mit dem Stift“, sagt sie lachend. Schon mit vier Jahren habe ihre Tochter alles an Werkzeug auseinander halten können und immer das richtige gebracht, wenn sie etwas holen sollte.
Etwas schüchtern zeigt die 13-Jährige eine kleine Pilzfamilie, die sie schon vor einiger Zeit angefertigt hat. Auch ein kreativ gestaltetes altes Fenster präsentiert sie, es war ein Geburtstagsgeschenk an ihre Mutter. In der letzten Zeit hat Anna vor allem Frühlings- und Osterdekorationen erschaffen, gedrechselte Hühner, Brettern ausgeschnittene Schäfchen oder Tulpen, die sie mittlerweile auch im Moosbacher Dorfladen verkauft. Im Winter nahm sie mit Weihnachtsdekorationen, wie Holzengeln oder Tannenbäumen, an mehreren Christkindlmärkten teil.
Diese beiden großen Projekte seien ihr bisher die liebsten gewesen. Einerseits sei sie froh, dass sie abgeschlossen sind, „aber ich bin immer auf der Suche nach dem nächsten, mal schauen, was jetzt kommt!“
Kooperation mit dem Moosbacher Dorfladen
Moosbach. Sich gegenseitig unterstützen, das sei Sinn und Zweck der Kooperation: Anna Bemmerls Werke (vorerst Osterdeko) sind seit Kurzem im Moosbacher Dorfladen ausgestellt und zu erwerben. Sandra Häußler, Geschäftsführerin des Dorfladens, habe nicht lange überlegt und gleich zugestimmt. „Ich war sehr erfreut über die Anfrage. Früher habe ich was Ähnliches gemacht, ich wäre damals über so eine Chance froh gewesen“, erinnert sie sich. Beide Seiten sollen nun davon profitieren, Anna bekommt eine Plattform und der ein oder andere Interessierte könnte als Kunde für das Gemeinschaftsprojekt Dorfladen gewonnen werden.
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