Von vielen Kindern, Erziehermangel und Bemühungen der Gemeinde
Prackenbach: Welche Auswirkungen die immer frühere Fremdbetreuung auf Kindergärten und Schule hat
Gemeinde Prackenbach. Ein Raum, eine Vormittags- und eine Nachmittagsgruppe. Das war in den späten 80ern ausreichend, um die Betreuung im Kindergarten für die gesamte Gemeinde Prackenbach sicherzustellen. Heute undenkbar. Drei Gruppen und zusätzlich zwei Krippengruppen für Kinder unter drei Jahren verteilt auf zwei Kindergärten reichen derzeit bei Weitem nicht aus. Ob überhaupt alle angemeldeten Kinder im nächsten Jahr einen Platz bekommen, ist noch nicht sicher. Aber der Reihe nach. In Prackenbach ist die Anfrage nach Plätzen in der Fremdbetreuung in den letzten Jahren im Vergleich zum Vorjahrzehnt enorm gestiegen. Eltern nehmen sie für immer jüngere Kinder schon in Anspruch, junge Leute kehren zurück in die Heimat, junge Familien siedeln sich in der Gemeinde an. Der Bürgermeister, die Kindergartenleiterinnen und die Grundschulleiterin äußern sich zu Gründen, Maßnahmen und Auswirkungen auf die Kinderbetreuung in der Gemeinde.
„Früher war man da schmerzfrei“, erinnert sich Prackenbachs Bürgermeister Andreas Eckl an die Anfangszeiten des Kindergartens Sankt Georg. „Die Kinder konnten in die Gruppe, in der Platz war, Ende.“ Im einzigen Kindergarten in der Gemeinde gab es damals, 1987, nur zwei Gruppen. Eine am Vormittag, eine am Nachmittag. Den Gruppenraum teilten sie sich. Wenn eine Gruppe voll war, musste das Kind eben in die andere. Eine „Notgruppe“, wenn es in einem Jahr zu viele Anmeldungen gab, wurde bei Bedarf im Turnraum untergebracht. Einfach und relativ unbürokratisch geregelt. Insgesamt 42 Kinder in der Gemeinde besuchten zu den Anfangszeiten den Kindergarten, derzeit sind es 98. In heutigen Zeiten liegt die Verantwortung, für alle Kinder ein Fremdbetreuungsangebot zu haben, bei der Kommune. Sogar einen Rechtsanspruch gibt es. „Das ist eine große Herausforderung, aber unsere Gemeinde ist sehr bemüht, dass wir das auch in Zukunft erfüllen können“, betont Eckl. Damit sei der rechtliche Anspruch erfüllt. „Mehr können wir personell und räumlich nicht leisten.“ Auch, dass Eltern weitere Anfahrtszeiten zu umliegenden Kindergärten angeboten werden müssen – was im Rechtssinne durchaus zumutbar sei – versuche er mit allen Mitteln zu vermeiden. Falls woanders überhaupt Platz wäre. „Auf Dauer können Kommunen dieses Betreuungsproblem nicht mehr alleine lösen. Wir werden von der großen Politik komplett alleine gelassen“, prangert er an. „Ich sehe nicht optimistisch in die Zukunft. Vor allem der Mangel an Fachkräften bricht uns das Genick.“ In Prackenbach ein sehr aktuelles Problem.
Entwicklung der Kindergärten
1997 startete ein weiterer Kindergarten in der Gemeinde, um alle Kinder unterbringen zu können: Sankt Johannes in Moosbach. In Prackenbach gab es ab diesem Zeitpunkt nur noch eine, in Moosbach von Anfang an zwei Gruppen, beide mit je 24 Kindern und zwei Betreuerinnen. Auch Prackenbacher Kinder besuchten Sankt Johannes, die Verteilung wurde teils nach Wunsch, teils nach Anmeldungsreihenfolge, teils nach Einzugsgebiet geregelt. Damals sei es allerdings undenkbar gewesen, Kinder unter drei schon in Fremdbetreuung zu schicken, ist sich der Bürgermeister mit den beiden Kindergartenleiterinnen, Monika Kraus in Prackenbach und Sonja Schmelmer in Moosbach, einig. Vor zwölf Jahren kam in Prackenbach dennoch eine Kinderkrippe für kleinere Kinder dazu. „Da wurde man aber eher schief angeschaut, wenn man so ein Angebot in Anspruch nahm“, erzählt Schmelmer aus eigener Erfahrung. Auslastung am Anfang: zwei Kinder.
Immer jüngere Kinder in der Krippe
Mittlerweile ist die Situation gegensätzlich, das ist einer der Hauptgründe für die große Nachfrage nach Plätzen in der Fremdbetreuung. „Die Krippenwelt ist in und modern“, sagt Eckl. Naheliegend sei momentan vor allem ein Aspekt: der finanzielle. Früher sei eine Mutter in der Regel drei Jahre zu Hause geblieben, der Vater habe das Geld verdient. Aus verschiedenen Gründen wie Inflation oder geänderten Zeiten und Geldern des Staates ginge das heute oft nicht mehr. Doch auch mehr Freizeit oder Bequemlichkeit zählt der Bürgermeister auf. In der Gemeinde Prackenbach seien die Gebühren – trotz Erhöhung zum nächsten Kindergartenjahr – im Vergleich sehr niedrig. Darauf sei er stolz, doch für so manchen gebe auch dies vermutlich den Anstoß, sein Kind früher in die Krippe zu schicken. Mit nur knapp einem Jahr sei keine Ausnahme mehr. Früher hätten die Kinder auch einfach draußen mal öfter miteinander gespielt, den Kontakt zu Gleichaltrigen suchten einige Eltern für ihr Kind mittlerweile in der Krippe. „Welche Auswirkungen das hat, wenn Kinder so jung schon fremdbetreut werden, muss man erst sehen“, sagt er. Schmelmer sieht das durchaus kritisch beziehungsweise zweiseitig: „Es war früher undenkbar, ein Kind im Kindergarten aufzunehmen, das noch eine Windel brauchte. Manchmal habe ich zum Beispiel das Gefühl, dass Eltern teilweise das Wickeln oder auch `Sauberwerden` auf uns abwälzen möchten, am liebsten gleich noch Zähneputzen.“ Doch ob es für das Kind daheim oder in der Krippe am besten sei, komme auf das Elternhaus an und wie viel Zeit sich Eltern nehmen. Und natürlich verstehe sie auch finanzielle Nöte. In Moosbach gibt es einige einjährige Kinder, die am Vormittag noch ein Nickerchen brauchen. „Dann wird gewagelt, geschunkelt und gesungen“, erzählt sie aus ihrem Alltag. Von der ausnahmslos relativ einfachen Eingewöhnung der ganz Kleinen seien sie jedoch alle überrascht gewesen. Draußen im Garten sei ihr die Sicherheit – vor beispielsweise den hoch schaukelnden Großen – sehr wichtig, deshalb sei der Kleinkinderbereich abgetrennt. Das habe sich alles nach und nach so entwickelt.
Natürliche Schwankungen und neue Baugebiete als Gründe
Doch auch die Plätze im Kindergarten sind sehr gefragt. „Ich würde das teils als natürliche Schwankung bezeichnen“, überlegt Schmelmer. „Diejenigen, die um 1997 in den starken Jahrgängen schon bei mir waren, treffe ich jetzt oft mit ihren eigenen Kindern zur Anmeldung.“ Viele hätten nun oder bekämen demnächst selbst Kinder. 1997 gab es mit 299 enorm viele Kinder unter sechs Jahren in der Gemeinde, die Zahlen sanken in den folgenden Jahren sehr stark ab. Es sei zu erwarten, dass die Zahl nun wieder steil nach oben gehen werde, derzeit ist sie mit 197 schon wieder im Aufwärtstrend. Kraus beobachtet auch, dass vermehrt junge Leute nach ihrer Ausbildung oder dem Studium zurück nach Prackenbach kommen. „Die Heimat wird als Familie wieder attraktiver, denke ich.“ Und nicht nur das: Eckl ist stolz darauf, dass sich auch viele „neue“ junge Familien in der Gemeinde ansiedeln. „In den vergangenen Jahren konnten wir rund 50 Bauparzellen in vier Baugebieten ausweisen, das trägt durchaus auch zum Kinderreichtum bei. Ein kleineres fünftes Baugebiet ist schon in Planung.“
Neue Gruppen in beiden Kindergärten
Im vergangenen Jahr wurde wegen der vielen Anmeldungen von Kindern unter drei Jahren eine Kindergartengruppe in Moosbach in eine Krippengruppe umgewandelt. Die Prackenbacher, die dort untergebracht waren, wechselten in den Prackenbacher Kindergarten, wo zusätzlich zur bestehenden Gruppe und zur Krippe eine zweite Kindergartengruppe gegründet wurde. Doch auch das reicht nicht aus: Im neuen Kindergartenjahr wird die Krippengruppe in Moosbach in eine Ganztagesgruppe umgewandelt. Diese kann auch von Kindergartenkindern für eine Nachmittagsbetreuung in Anspruch genommen werden. In Prackenbach sollte eigentlich eine zweite Krippengruppe an den Start gehen. Dies hängt nun davon ab, ob die offene Stelle von einer geeigneten Fachkraft besetzt werden kann (wir berichteten). Die neuen Räumlichkeiten im Untergeschoss der Grundschule, das dann komplett zum Kindergarten gehört, werden gerade ausgebaut.
Und trotz allem: Sogar mit zweiter Krippengruppe in Prackenbach sind fast alle Plätze im anstehenden Kindergartenjahr bereits belegt. Lediglich in der Nachmittagsbetreuung in Moosbach von 12 bis 16 Uhr sind noch vereinzelte frei.
Auswirkungen auf die Grundschule
Die Grundschule in Prackenbach ist für mehr Kinder bestens gerüstet. „Es ist alles da für die starken Jahrgänge“, sagt Eckl. Träger des Gebäudes ist die Kommune. In den vergangenen Jahren gab es unter anderem viele technische Neuerungen, die Digitalisierung sei auf dem neuesten Stand.
Vor nicht allzu vielen Jahren sei es jedoch noch nicht klar gewesen, ob der Grundschulstandort in Prackenbach überhaupt gesichert sei, erklärt Schulleiterin Katrin Hartl. Vier Jahre lang habe es sogar eine Kombiklasse gegeben, „das war kein Spaß, aber wir haben die Situation gemeistert.“ In dieser Zeit habe sie auch keine Sekretärin gehabt, das sei abhängig von der Schülerzahl. Die Arbeit sei allerdings die Gleiche gewesen, schwierig zu bewältigen. Derzeit gibt es insgesamt vier Klassen, also einzügig. 2026/2027 könnte es voraussichtlich sogar zwei erste Klassen geben, doppelzügig. Platzmäßig sei das kein Problem, auch früher habe es doppelzügige Jahrgänge gegeben, sagt Hartl. Der Werkraum im Untergeschoss wurde zwar vor Kurzem nach oben verlegt, um dem Kindergarten mehr Raum für die geplante neue Gruppe zu bieten. Doch ein bis zwei Räume habe man, um auszuweichen. Lediglich den Platz für die Mittagsbetreuung sieht die Schulleiterin etwas beengt. Eine Lösung sei jedoch schon in Sichtweite: Sie habe die Hoffnung, dass in naher Zukunft der große Dachboden ausgebaut und den Kindern viel Raum zur Entfaltung bieten wird, mit Küche, Ruhebereich für Hausaufgaben und Kuschelecke.
Damit gibt es in der Gemeinde Prackenbach bereits ein nächstes zukunftsträchtiges Projekt. Denn Investitionen für Kinder sind Investitionen in die Zukunft.
BU´s:
00: Hier entstehen gerade die neuen Sanitäranlagen für den Krippenausbau. „Schön bunt soll es werden“, sagt Monika Kraus, Kindergartenleiterin in Prackenbach.
400: Bürgermeister Andreas Eckl zeigt den Platz für die Küche in den Räumlichkeiten der geplanten zweiten Krippengruppe.
17: Im Moosbacher Kindergarten brauchen in der Krippe einige Kinder noch ein Nickerchen. Leiterin Sonja Schmelmer zeigt einen der Kinderwägen, mit denen die Kleinen eingeschunkelt werden.
11: Im Moosbacher Garten ist der Kleinkinderbereich aus Sicherheitsgründen meist abgetrennt.
43: Hier wird gegessen: Die kleinen Krippenkinder in Moosbach brauchen teils noch Hochstühle.
40: Prackenbachs Grundschulleiterin Katrin Hartl zeigt den neuen Werkraum. Dieser wurde nach oben verlagert, um Platz für die geplante neue Krippengruppe zu schaffen.
22: Im Dachboden der Grundschule ist genügend Platz für einen großen Raum für die Mittagsbetreuung. Hartl hofft, dass er bald ausgebaut wird.
Bild zur Meldung: Von vielen Kindern, Erziehermangel und Bemühungen der Gemeinde